Die Lungentransplantation (LTX) hat sich in den vergangenen 15 Jahren von einem experimentellen Verfahren zu einer therapeutischen Alternative für Patienten mit fortgeschrittenem Lungen- oder Herz-Lungen-Versagen entwickelt. Durch die Weiterentwicklung chirurgischer und intensivmedizinischer Techniken konnte die Operationssterblichkeit erfolgreich reduziert werden. Das mittel- und langfristige Überleben nach einer Transplantation ist vorwiegend durch Infektionen und chronisches Transplantatversagen gefährdet. Für Patienten mit cystischer Fibrose oder idiopathischer Lungenfibrose lässt sich mittlerweile durch die LTX eine signifikante Verbesserung der 1- und 2-Jahres-Überlebensrate erreichen. Bei anderen Erkrankungen steht ein solcher Beleg noch aus, immerhin lässt sich fast immer eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität nachweisen.

Das 1997 verabschiedete Transplantationsgesetz sieht vor, dass eine einheitliche deutsche Warteliste entsteht und dass diese Warteliste nach Gesichtspunkten der Notwendigkeit, der Dring­lichkeit und den Erfolgsaussichten zusammengestellt wird. Die häufig schwierig einzuschätzende Prognose der Grunderkrankung und die teilweise lange Wartezeit auf ein geeignetes Spenderorgan machen es im Einzelfall schwierig, den richtigen Zeitpunkt für die Aufnahme auf die Warteliste festzulegen. Grundsätzlich ist immer eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem jeweiligen Transplantationszentrum zur Festlegung des individuellen Procedere sinnvoll. Als Notfallmaßnahme kommt die Lungentransplantation bei Patienten, die zuvor nicht auf einer Warteliste gemeldet, waren nur in sehr seltenen Ausnahmefällen in Frage.

1. Transplantationsverfahren und Indikationen
Drei unterschiedliche Operationstechniken stehen zur Verfügung:

  1. Bei der einseitigen Lungentransplantation (SLTx = single lung transplantation) wird nur ein Lungenflügel transplantiert, der zweite Lungenflügel des Empfängers wird belassen. Die SLTx ist das Therapieverfahren der ersten Wahl bei Patienten mit einer Lungenfibrose
  2. Bei der bilateralen oder doppelseitigen Lungentransplantation (BLTx) werden beide Spenderlungenflügel übertragen. Eine BLTx ist in jedem Fall notwendig, wenn ein verbleibender Lungenflügel des Empfängers eine Infektquelle darstellen würde (Beispiel: cystische Fibrose, Bronchiektasen).
  3. Bei der Herz-Lungen-Transplantation (HLTx) werden Herz und beide Lungen des Spenders en bloc übertragen. Dieses Verfahren kommt zum Einsatz, wenn neben der Lungenerkrankung zusätzlich angeborene oder erworbene Herzerkrankungen bestehen, die operativ nicht korrigiert werden können.

Für die Auswahl des richtigen Verfahrens und die Wahl des Zeitpunktes zur Aufnahme auf die Warteliste sind verschiedene allgemeine Gesichtspunkte wichtig:

  • Ausschöpfung bzw. Diskussion aller Behandlungsalternativen einschließlich neuer Verfahren, z.B. der Therapie mit Prostaglandinderivaten bei pulmonaler Hypertonie, moderner Operationsverfahren bei Lungenembolien, Heimbeatmung bei chronischer Bronchitis / Emphysem etc.
  • Die Dynamik des bisherigen Krankheitsverlaufs.
  • Die Lebensqualität und subjektive Beeinträchtigung des Patienten.

Für einzelne Lungenerkrankungen (Fibrose, Emphysem, cystische Fibrose, pulmonale Hypertonie) gibt es mittlerweile Erfahrungswerte, die eine Orientierungshilfe bieten bei der Entscheidung, wann die Aufnahme auf die Warteliste sinnvoll ist.

2. Kontraindikationen
(Gründe, die gegen eine Operation sprechen)

Die LTX ist ein komplexes Therapieverfahren, das mit einer nennenswerten Komplikationsrate und einer lebenslangen nebenwirkungsreichen Nachbehandlung verbunden ist. Deshalb ist es wichtig, dass Patienten, für die eine Lungentransplantation ein zu großes Risiko darstellt, bereits im Vorfeld identifiziert werden, bevor aufwendige Untersuchungsverfahren den meist schwerkranken Patienten unnötig belastet haben.

Absolute Kontraindikationen für eine Lungentransplantation sind beispielsweise nicht beherrschbare Infektionen und ein sehr schlechter Allgemeinzustand (längere Bettlägerigkeit). Nach gegenwärtigem Erfahrungsstand gilt auch, dass ältere Patienten eine schlechtere Überlebensrate als haben jüngere. Es sei jedoch betont, dass das numerische Alter eines Patienten allein nicht über seine Transplantationseignung entscheidet. Wichtiger ist, dass ein sehr schlechter Allgemeinzustand und schwerwiegende Beeinträchtigungen anderer Organfunktionen als Kontraindikationen für eine Transplantation betrachtet werden müssen. Besondere Anforderungen werden auch an die Mitarbeit und die psychische Belastbarkeit des Patienten und seiner Angehörigen gestellt.

Letztendlich wird in den meisten Fällen erst der persönliche Kontakt zwischen Patient und Transplantationszentrum klären können, für wen die Lungentransplantation ein sinnvolles Behandlungsverfahren mit kalkulierbarem Risiko darstellt und wann der richtige Zeitpunkt ist, sich auf der Warteliste anzumelden.

Dr. med. Jost Niedermeyer ist Oberarzt der Abteilung Pneumologie der Medizinische Hochschule Hannover.

letzte Änderung: 06.10.2008