Sauerstoff im Urlaub

Wer bezahlt den Sauerstoff während eines Urlaubs?

Wer ist für die Transportkosten zum Urlaubsort zuständig?

Richtig ist:

Ihr habt einen ANSPRUCH auf Urlaub und Sauerstoff!

Hier findet Ihr ein aktuelles Urteil:

AZ.: S 4 KR 201/00 beim Sozialgericht in Düsseldorf verkündet am: 22.11.2002

In dem Rechtsstreit
XYZ, Klägerin

Prozessbevollmächtigte

LMN

gegen

ABC, Beklagte

Hat die 4. Kammer des Sozialgerichtes Düsseldorf auf mündliche Verhandlung vom 22 .11. 2002 in Düsseldorf durch den Richter am Sozialgericht Dunsche, als Vorsitz sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Giovannoni und Wollny

für Recht erkannt:

  1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 06. 04. 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. 08. 2000 verurteilt, die vom Teilanerkenntnis noch nicht erfassten 301,60 DM bzw. 154,21 Euro an die Klägerin zu zahlen.
  2. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

G r ü n d e:

Streitig ist die Übernahme von Transportkosten für die Sauerstoffversorgung am Urlaubsort.

Die 1968 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten und leidet unter Mukoviszidose mit Globalinsuffizinz der Lunge. Si ist auf die ständige Einnahme von zusätzlichem Sauerstoff angewiesen. Mit ärztlicher Verordnung des Arztes Dr. Tinschmann vom 29. 02 2000 beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für eine Sauerstoffversorgung für den auf Borkum geplanten Urlaub. Mit Bescheid vom 06. 04. 2000 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die Sauerstoffversorgung im Urlaubsort ab. Grundsätzlich dein bei der Klägerin die Sauerstoffversorgung gewährleistet, da die Beklagte eine monatliche Gebühr an den Leistungsbringer entrichte und diese damit verpflichtet sei, die Klägerin während des gesamten Jahres mit Sauerstoff zu versorgen. Die Transportkosten an den Urlaubsort gehörten zur Privatsphäre und nicht zu den Grundbedürfnissen und somit bestünde bezüglich der Transportkosten keine Leistungspflicht der Kasse.

Mit dem dagegen am 03. 05 2000 erhobenen Widerspruch macht die Klägerin geltend, sie sei ohne Sauerstoffzufuhr nicht lebensfähig. Sie versuche durch wiederholten Aufenthalt und Therapie an geeigneten Kurorten ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Durch wiederholten Aufenthalt im Heilklima könne die Zahl der ansonsten erforderlichen intravenösen Kuren reduziert werden. Die ihrerseits allein für zwei Wochen schon Kosten von 15.000,00 bis 20.000,00 DM ausmachten. Es müsse daher im Interesse der Beklagten liegen, der Klägerin Aufenthalten im Heilklima, wie auf Borkum, zu ermöglichen, Die Klägerin wäre nicht in der Lage, die Transportkosten für den Sauerstoff selbst zu tragen. Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.08.2000 als unbegründet zurück. Die Urlaubsplanung und Durchführung gehöre nicht zu den Grundbedürfnissen und zähle daher zur Eigenverantwortung der Versicherten.

Mit der dagegen am 07. 09. 2000 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, sie benötige jeden Tag sowohl tags auch wie nachts zusätzlichen Sauerstoff. Sie werde über die Firma Erwe-Tec aus Erkrath mit Sauerstoff versorgt. Ihre Lunge sei allerdings mit Problemkeimen besiedelt, die für andere noch nicht infizierte CF Betroffene gefährlich werden könnten. Sie werde daher in zahlreichen Kurkliniken nicht mehr aufgenommen. Sie hätte den geplanten Urlaub verschoben auf den Zeitraum ab 08. 07. 2000 bis 12. 08. 2000 und hätte über die Firma Linde Heimox die Sauerstoffversorgung am Urlaubsort sichergestellt. Laut Rechnung vom 30. 06. 2000 betrugen die Gesamtkosten 1.519,60 DM. Der Anspruch ergäbe dich aus § 33 SGB V. Es handele sich hier zweifellos um ein Hilfsmittel. Der Anspruch auf Hilfsmittel beziehe sich nicht nur auf den Wohnort. Hier handele es sich nicht um einen bloßen Urlaub, sondern umeinen Kurersatzurlaub. Als chronisch Kranke hätte die Anspruch auf jährliche Rehabilitationsmaßnahmen. Da sie wegen der Lungenkeime auch keine Kuren durchführen könne, sein der Urlaub im Heilklima als Ersatz für eine Kur zu sehen. Die Mehrkosten wären daher von der Beklagten zu tragen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06. 04. 2000 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 10. 08. 2000. die von dem Teilanerkenntnis nicht erfassten restlichen 301,60 DM bzw. 154,21 Euro an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der von der Klägerin zu tragende Eigenanteil für Flüssigsauerstoff im Urlaub sein allein auf die Dauer des Urlaubaufenthaltes von ca. sechs Wochen zurückzuführen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgesetzes könne bei der Hilfsmittelversorgung lediglich ein Zeitraum von längstens drei Wochen zu Grunde gelegt werden. Zu berücksichtigen sein nur das elementare Grundbedürfnis des Menschen auf einen Jahresurlaub. Die Auffassung der Klägerin, ihr stünde ein Anspruch auf eine Kurmaßnahme zu, könne nicht bestätigt werden, da nach § 40 Abs. 3 SGB V grundsätzlich nur ein Anspruch auf Kurmaßnahme alle vier Jahre bestünde.

Aus der hinzugezogenen Rechnung des Reisebüros am Brehmplatz ergab sich, dass die Versorgung für den Urlaub in Zusammenarbeit mit der Firma Linde erfolgte. Berechnet wurde eine Bereitstellungspauschale für die Geräte, den Ab- und Antransport der Geräte, technische Prüfung und Reinigung in Höhe von 600,00 DM, eine Versorgungspauschale für den Sauerstoff von 20,-- DM pro Tag und weitre Kosten, so dass sich insgesamt der Rechnungsbetrag von 1.519,60 DM ergab.

Der behandelnde Arzt Dr. Tinschmann teilte dem Gericht mit, dass die Klägerin permanent auf Sauerstoff zufuhr angewiesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

E n t s ch e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist zulässig und begründet.

Zu Unrecht hat es die Beklagte abgelehnt, die Kosten für die Versorgung mit Sauerstoff am Urlaubsort zu übernehmen, für die Dauer eines dreiwöchigen Urlaubs hat die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung für die Versorgung mit Sauerstoff am Urlaubsort anerkannt. Streitung ist somit nur noch die Kostenübernahme für die drei Wochen übersteifende Urlaubszeit. Da die Beklagte mit Teilerkenntnis den Betrag für die Sauerstoffversorgung am Urlaubsort für einen 21-tägigen urlaub in Höhe von 1.218,-- DM übernommen hat, bleiben gegenüber dem Rechnungsbetrag des Reisebüros am Marienplatz laut Rechnung vom 30.06.2000 in Höhe von 1.519,60 DM als Differenz der streitige Betrag.

Von 301,60 DM bzw. 154,21 Euro. Gemäß § 33 hat die Klägerin Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen, oder eine Behinderung auszugleichen, soweit diese Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 ausgeschlossen sind. Von der Beklagten wird nicht bestritten, dass nach den vorliegenden Arztauskünften die Klägerin auf die tägliche gesonderte Zufuhr von Sauerstoff auf Grund der bei ihr bestehenden Mukoviszidose mit Globalinsuffizienz der Lunge angewiesen ist. Die Beklagte bestreitet auch nicht, dass die Klägerin während des gesamten Urlaubs, unabhängig von dessen Länge aus den genannten medizinischen gründen auf die zusätzliche zufuhr von Sauerstoff angewiesen ist. Die Sauerstoffzufuhr ist hier erforderlich, um den Erfolg der Krankenhausbehandlung zu sichern, und die bestehende Atembehinderung auszugleichen. Die Sauerstoffzufuhr ist zum Ausgleich der bei der Klägerin bestehenden Funktionsdefizits geeignet und notwendig. Soweit Hilfsmittel dem unmittelbaren Ausgleich eine Behinderung dienen, die insbesondere die beeinträchtigten Körperfunktionen ermöglichen, ersetzen, erleichtern oder ergänzen, kommt es auf die von der beklagten angesprochenen Problematik, ob eine bestimmte Tätigkeit oder Verrichtung zu den Grundbedürfnissen des Menschen gehört, nicht an. Diese Problematik wird erst dann rechtlich relevant, wenn das Hilfsmittel nicht dem Ausgleich der Behinderung selbst dient, sondern bei den Folgen der Behinderung auf beruflichem, gesellschaftlichem oder privatem Gebiet ansetzt: so dient z. B. die Beinprothese dem unmittelbaren Ausgleich der Behinderung, der schwenkbare Autositz für den Rollstuhlfahrer jedoch den Folgender Behinderung im Bereich der Mobiliät. Der Anspruch der Klägerin auf Kostenübernahme der täglichen Sauerstoffversorgung ist somit unabhängig von der Urlaubsgestaltung und vom täglichen Aufenthalt. Es Spielt für diesen Anspruch keine Rolle, wie lange die Klägerin Urlaub macht.

Quelle:

Frau RA Anja Bollmann
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