Kerstin (DLTX 11/2001) berichtet:

Mit dem Tandem von Basel nach Wuppertal


Hallo Ihr da draußen an den Computerbildschirmen.

Wir sind wieder da! Leider nicht so erfolgreich, wie gehofft, trotz all Eurer Wünsche. Keine Sorge, uns geht es gut. Man kann es auch anders ausdrücken: Waren wir zu stark – oder unser Tandem zu schwach???!!! Aber davon später.

Am Donnerstag um 4 Uhr klingelte der Wecker, eine völlig unchristliche Zeit, aber wir mussten um 05.30 Uhr aus dem Haus, um zum Bahnhof zu radeln. Es war schei... kalt, so 6 Grad. (Habe mir meine sämtlichen warmen Sachen , die ich mit hatte übergezogen.) Aber es hat alles gut geklappt. Tandem in den Zug und ab ging es. Die Umsteigerei war etwas anstrengend, zumindest für meinen Mann Micha. Da wir entweder nur Treppen oder Rolltreppe hatten um die Gleise zu wechseln, das war schon ein Kraftakt. Wir haben mal gerechnet, bzw. ich habe das Gepäck gewogen: Fahrrad und Gepäck haben zusammen etwa 60-kg gewogen und das ist nicht gerade leicht zu händeln.


Um 12 Uhr waren wir dann in Basel.

Keine besonders schöne Stadt. Fanden wir. Ein Höllenbetrieb, viele Fußgänger, Autofahrer und vor allem Straßenbahnen :-( und, nicht zu vergessen, die dazu gehörenden Schienen! Da solche mich schon zu Fall gebracht haben, habe ich seit dem ein riesigen Respekt vor ihnen. Man kann das gar nicht richtig beschreiben, aber wir waren froh, als wir unser Hotel heil gefunden hatten und das Rad in die Ecke stellen konnten.

Zu der Unterkunft sag ich nur so viel, (sonst bekommen wir noch mehr graue Haare), teuer wie ein Luxushotel und ausgestattet, wie eine schlechte Jugendherberge, mit Toilette auf den Gang. Es war Ätzend.

Dann haben wir uns Basel zu Fuß angeschaut. War sobald man aus dem Gewühle etwas raus kam ganz nett, aber hätten wir das alles vorher gewusst, wären am gleichen Tag noch rund 20 km ins nächst kleinere Örtchen geradelt. Denn zu mehr wären wir an dem Tag nicht mehr fähig gewesen Um 18 Uhr sind wir beide erst mal tot müde ins Bett gefallen und haben uns erst um 21 Uhr wieder zum Essen aufraffen können. Dafür haben wir auch noch schöne Eindrücke in Basel sammeln können.

Freitag ging es dann los. Unser erstes Ziel war Breisach. Ich muss vorweg schicken, wir sind so weit es ging auf der französischen Seite gefahren, haben aber auf der Deutschen übernachtet.

Zuerst ging es wunderschön am Kanal entlang, bei herrlichem Wetter.

Es fuhr sich mit dem Gepäck prima, zumindest wenn man einmal in Fahrt war. :-) Ich muss gestehen unsere Antritte waren nicht sehr spritzig, aber rund 220 Kilo wollen auch erst mal in Wallung gebracht werden.

Da wir Basel morgens recht zügig verlassen hatten, wir wollten nur noch los und hatten gar nicht bedacht, dass in Frankreich Mittags die Bürgersteige hochgeklappt werden. War nix, mit Mittag lecker Baguette essen. Da blieben uns nur Müsliriegel und Banane. Das hat bei aber nicht sehr lange vorgehalten, so bekam ich eine kleinen „Hungerast“. Aber die Kraftreserven waren schnell aufgebraucht. Hinzu kamen noch leichte Knieprobleme, was ich gar nicht verstand. Mir der Fußeinstellung in den Klickpedalen fahre ich nun über 5000 km ohne Probleme. Also bin ich den Rest der Strecke dann ganz normal (ohne eingeklickt zu sein) gefahren und dann ging es wieder besser. (Am nächsten Tag haben die Einstellung etwas korrigiert und ab da klappt es.) Insgesamt haben wir an dem Tag dann 82 km mit Gepäck und noch mal 18 im Ort ohne Gepäck hinter uns gebracht.

Am Samstag hieß unser Ziel Straßburg. Bei herrlichem Wetter und einer guten Nacht, in einem gemütlichen Hotel, mit ausgiebigem Frühstück ging es dann um 10 Uhr wieder los. Die ersten km waren nicht so leicht. Man merkte schon ein bisschen die Beine von Gestern und vor allem den Hintern. :-)

Zum Glück sind das immer nur so Phasen, in denen man keine Sitzposition findet bei der es nicht weh tut, und man sich zwischendurch fragt, warum tue ich mir das an?! Aber die Antwort ist immer wieder die Gleiche: Es macht irre viel Spaß. Man sieht viel von der Landschaft, ist den ganzen Tag an der frischen Luft und man lernt nette Leute kennen, denn ein Tandem fällt nun mal überall auf. Wir haben an dem Tag sogar noch ein weiteres Tandemteam getroffen!


Ausflug nach Neuf-Brisach.

Im Laufe des Tages zog sich das Wetter immer mehr zu aber es blieb warm und vor allem trocken. An diesem Tag haben wir es auf 103km gebracht. Abends wussten wir was wir getan hatten, vor allem weil in Straßburg die Straßen schlecht waren und die Beschilderung miserabel, sodass wir eine Ewigkeit gebraucht haben um über den Rhein nach Kehl auf die deutsche Seite zu kommen.

Am Sonntag starteten wir wieder bei schönem Wetter Richtung Straßburg um es zu besichtigen. Und wir mussten feststellen, ausgeruht war es gar nicht mehr so schlimm dort zu fahren. :-)


Weiter ging es von da aus nach Neuburg (kurz hinter der französischen Grenze), damit unsere letzte Etappe durch Frankreich. Unterwegs trafen wir einen sehr netten Rennradfahrer, der uns ein gutes Stück begleitet hat und viel von der Gegend erzählt hat, und uns noch zu einem netten kleinen französischen Restaurant geführt hat.

Danach hatten wir auf dieser Etappe dann unsere 1. Panne: Ein Speichenbruch. Naja, dachten wir. Nicht so schlimm, kann immer mal passieren. Als Micha das reparieren wollte, musste er feststellen dass das Ersatzteil nicht passte.

Also alle Arbeit, mit samt „Dreckspfoten“ umsonst. Jetzt konnten wir nur hoffen, dass das Rad bis zum nächsten Radhändler, der Ahnung von Tandemreifen hat, hielt. Mit dem Gepäck waren wir da nicht so sicher. Außerdem war Sonntag, wo sowieso alle Geschäfte zu hatten.

An diesem Tag brachten wir es dann trotzdem noch auf 94 km.

Der nächste Tag (Montag) brachte uns dann nach Altrip (ca. 10 km vor Ludwigshafen), insgesamt nur „88km“. :-) Wir hatten an diesem Tag ja den längeren Aufenthalt in Germersheim beim Radhändler.

Der hat unser Rad wieder flott bekommen und meinte noch das könnte nicht die letzte kaputte Speiche sein auf unserer Tour. Und wie recht er damit hatte..... Aber das wussten wir zu diesem Zeitpunkt zum Glück noch nicht. Mit 3 Ersatzspeichen im Gepäck und guter Laune ging es dann auch ohne weiter Zwischenfälle bis zum Ziel.

Der Dienstag, der dann folgte, wird als Katastrophentag in unserem Gedächtnis bleiben.

Morgens ging es schon bei bedecktem Himmel los und als wir Ludwigshafen dann erreichten, fing es auch noch an feste zu nieseln, also komplette Regenmontur überziehen. Dann waren die Radwege in der Stadt nicht sehr klasse und die Strecke führte immer an den Hauptstraßen lang. Das macht nicht sehr viel Spaß. Kaum waren wir aus der Stadt raus, hatten wir unseren ersten Platten.

Aber das gehört dazu. Also schnell den Reifen gewechselt und weiter ging es nach Worms. Dort hörte der Regen dann endlich auf und wir konnten nach einer stärkenden Mahlzeit ohne Regenzeug weiter radeln. Die Freude hielt aber nicht lange an, da hatten wir unseren nächsten Speichenbruch, besser gesagt, es waren 2 auf einmal.

Also wieder halten und reparieren.

Ein paar Meter weiter endete unser Radweg ohne Vorankündigung oder entsprechender Umleitung an einer Baustelle, mit einem meterweiten und tiefen Graben. Keine Chance auf den Radweg auf der anderen Seite zu gelangen. Also blieb uns nur der Weg nach rechts der nach 1 km auf der Bundesstraße endete. Dort mussten wir auf dem Mehrzweckstreifen weiter radeln, bis wir wieder auf einen Radweg konnten. Und das dauerte eine Weile. War ein tolles Gefühl wenn die Autos mit 100 Sachen und mehr an einem vorbeirasen. Wir waren bedient. Aber der Tag war ja noch nicht zu ende. Kaum wieder auf dem Radweg angekommen machte es knack und wieder war eine Speiche gebrochen. Nummer 4 und damit unsere letzte Ersatzspeiche.

Durch diese vielen ungewollten „Pausen“ hinkten wir kilometermäßig unserem Etappenziel ziemlich hinter her und ehrlich gesagt war unsere Lust an dem Tag hin. Also suchten wir uns das nächste Hotel und grübelten, was wir tun sollten.

Aufgeben? Wir waren kurz davor. Aber ein Anruf bei dem Tandemexperten, den wir von den Tandemtreffen her kennen, machte uns noch mal Mut. Er gab uns eine Adresse von einem Tandemgeschäft in Mainz. Dort hofften wir auf Abhilfe. Am nächsten Morgen, bei wieder besserem Wetter setzten wir also mit der Fähre in Nierstein auf die rechte Uferseite des Rheins und radelten nach Mainz.

Dort kamen wir sogar ohne Speichenbruch an und die Radwelt war schon wieder ein bisschen mehr in Ordnung. Der Radhändler konnte aber auch nichts Ungewöhnliches an unserem Hinterrad feststellen, hat es nur noch mal neu zentriert und wir fuhren mit 6 Reservespeichen im Gepäck weiter nach Wiesbaden.
Dort besuchten wir meine Homöopathin Manuela Ott (auch CF und transplantiert, für die, die noch nichts von ihr gehört haben ). Dort klönten wir dann eine Stunde und setzten unsere Fahrt dann nach Eltville fort. Es lagen also nur noch rund 15 km vor uns.

Nach einer Tagesetappe von 62 km und mit guter Laune kamen wir dort an und suchten uns ein Quartier. Diesen Tag hatten wir als Erholungstag geplant und das Örtchen lud zum Verweilen. Es war irgendwie urig.

Aber wie, sollte es anders sein, die Freude währte nur kurz. Angekommen stellten wir fest, dass schon wieder 2 Speichen gebrochen waren! Ein Mist! Aber es half nichts, wieder das Rad auseinander nehmen und Speichen Nr. 5+6 austauschen.

Danach fuhren wir ohne Gepäck in die Altstadt und saßen gemütlich draußen beim Griechen und stärkten uns. Um danach, als wir wieder los wollten, feststellen zu müssen, das Speiche Nr.7 aufgegeben hatte. :-/

Diese blieb jetzt aber drin. Fuhren wir halt mit 39 Speichen weiter. War ja eh wurscht. Egal was wir machten, der Dank war doch wieder nur eine kaputte Speiche, früher oder später. (Auf den letzten Kilometern eher früher.)

Donnerstag stiegen wir etwas gefrustet wieder aufs Rad. Schon mit dem Gedanken, dass wir vielleicht doch nicht bis nach Hause radeln konnten. Und wie sich die Befürchtung bewahrheiten sollte! Nach weiteren 30 km war klar. Speiche Nr. 8 knackte. Die nächste (5.) Radzerlegung war fällig und nur zwei Minuten nach dem Austausch knackte zum Dank die 9. Speiche.


Kapitulation!

Es hatte keinen Zweck mehr. Wir fuhren noch bis Bacharach, schoben unser Tandem total gefrustet auf das Schiff und ließen uns dann bis Koblenz fahren. Von dort ging es dann per Zug nach Hause. Um 21 Uhr kamen wir wieder in Wuppertal an. 3 Tage früher als geplant. Auf dem kurzen Stück vom Bahnhof bis zu uns nach Hause, ca. fünf Kilometer knackte dann die 10. Speiche.

Das machte dann umgerechnet 6 Speichenbrüche auf den letzten 70 km.

Keine Chance also, die Tour normal zu beenden.


Heute mit etwas Abstand kann ich schon wieder darüber lachen und behaupten dass die Tour trotz aller Hindernisse Spaß gemacht hat. Es hat mir einmal gezeigt, was ich körperlich schaffen kann und von dieser Seite her bin ich hoch zu frieden, andererseits haben wir dazu gelernt, für unsere Tour im nächsten Jahr.

Denn eins steht fest, die nächste Tour haben wir schon im Visier.


Ich hoffe, der Bericht hat Euch ein bisschen gefallen, gibt Euch einen kleinen Einblick von unserem Urlaub. Insgesamt sind wir doch immerhin noch auf rund 550 km gekommen. Speichenlos glücklich sozusagen :-)


Viele Grüße

Eure Kerstin